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Es gibt notwendige Eigenschaften für Demokratien: Freie und faire Wahlen, ein unabhängiges Justizwesen, eine auf Gegengewicht beruhende Gewaltenteilung, vielfältige und freie Medien, um nur die wichtigsten zu nennen. Die hier angehängten Beiworte verdeutlichen, dass eine simple Schlagwortklassifizierung heute nicht mehr ausreicht. Auch autoritäre und diktatorische Staaten operieren mit den Begriffen Demokratie, Recht, Öffentlichkeit.

Nur, es ist ein fundamentaler Unterschied, Beispiel, ob eine Staatsspitze ihre Vor-Urteile den Gerichten zuweist, die sie jenen in Abhängigkeit zu endgültigen Urteilen zwingt. Oder ob ein ohn(e)mächtiger Bürger seine legitimen Ansprüche auf dem ihm offenstehenden Rechtsweg notfalls sogar gegen den Staat selbst und seinen Institutionen durchsetzen kann.

Hinter all dem steht ein Menschenbild von je unterschiedlichem Ausmaß. Auch hier lohnt, wie bei so viel Kulturgeschichtlichem der Blick zurück in die europäische Antike. Für den um 700 v. Chr. geborenen altgriechischen Dichter Hesiod ist Recht das Kennzeichen des Menschen: „Lass dir gesagt sein, höre nun auf das Recht und denke nicht an Gewalttat. Solche Ordnung setzte nämlich Zeus den Menschen, den Fischen, allem Getier und fliegenden Vögeln: dass Tiere zwar einander auffressen, weil bei ihnen kein Recht herrscht, während er den Menschen Recht verlieh, das höchste Gut unter allen“. Wer es zeitgemäßer mag, lese z.B. „Individuum und Menschheit – Eine Philosophie der Demokratie“ von Volker Gerhardt, soeben erschienen.

Dass Diktaturen und Unterdrückerstaaten, auch rechtsstaatszersetzende Parteien in freien Gesellschaften, das ursprüngliche Vokabular übernommen haben, dieses jedoch für ihre repressiven Zwecke sinnentleeren und pervertieren, beweist nur den lediglich fadenscheinig umstrittenen, in Wirklichkeit aber weltweiten Geltungsanspruch demokratischer Standards der ursprünglich beim Wort, dem lógos genommenen Bedeutungen.

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In meinem Bundesland haben die Sommerferien begonnen - längere Tage, kürzerer Blogbeitrag,  ;-)  .

Also Ferienzeit. Am vergangenen Samstag hat die Tour de France begonnen. Eine passende Kombination, um in arbeitsfreier Zeit auf ein interessantes Buch hinzuweisen.

„Die unsichtbare Meile“ von David Coventry ist 2015 erschienen und stand monatelang auf der neuseeländischen Bestsellerliste, ist in zahlreiche Sprachen übersetzt, so auch in deutsch, eine Taschenbuchausgabe ist erhältlich.

Der Roman beruht auf Tatsachen, erzählt die Geschichte von 5 Tour de France – Teilnehmern 1928 aus "Down Under" (3 Australiern, einem fiktiven und dem tatsächlich ersten Tour-Teilnehmer aus Neuseeland, Harry Watson). Amateuraußenseiter hauptsächlich aufgrund ihrer Herkunft bei der vielleicht schwierigsten alljährlich stattfindenden Sportveranstaltung (Höllentour) im Radsportparadies Frankreich.

Die sportliche Anstrengung, der sportliche Wettbewerb stand schon immer als Allegorie für das (Über)leben der Menschen im Allgemeinen, allein, miteinander und gegeneinander, sei es als Einzelkämpfer oder Teamplayer. Eine perfekte Urlaubslektüre für Ja zum Leben sagende Menschen.

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Die Generation 60 plus ist bereits verrentet bzw. pensioniert oder steht kurz davor. Sie ist mehr mal weniger privatisiert, was sie wiederum bei jeder sich bietenden Gelegenheit gerne mitteilt. ("Privatiers mit abgeschlossener Vermögensbildung" - Harald Schmidt)

Sie ist hinreichend informiert durch die Medien und durch Gespräche mit ihresgleichen. Spätestens mit dem Club of Rome - Bericht von vor über 50 Jahren weiß die Generation 60 plus um den schlechter werdenden Naturzustand dieser Welt. Viele fühlen sich der Ökologie verpflichtenden Lebensweise nahe, am liebsten jedoch mit einem Gratisetikett auf der Stirn, dann ist sie, die innere Einstellung, gut sichtbar gegenüber der Außenwelt. Verteidigen mit Vehemenz und Gratismut ihre selbstverdient erworbenen Privilegien, u.a. ihr geerbt vermachtes Hab und Gut. Leben selbstverständlich natürlich-nachhaltig, im ökonomischen Bereich oder im zwischenmenschlichen, doch niemals in beiden zugleich.

Übrigens, diese Gruppe glaubt an eine links-liberal-ökologische Mehrheit im Land, allein weil sie sich dieser zugehörig fühlt. Was diese Gruppe auf die Palme bringt, ist Veränderung. Was sie auf die Palmzweigenden bringt, sind an sie adressierte Verzichtsappelle. Sie haben aber ein Kommunikationsmittel für sich entdeckt – Sich empören, Schimpfen, Klagen, dass es einem nicht gut geht, obwohl es einem gut geht, denn diese schizophrene Selbstverzerrung schafft halt Gehör und Aufmerksamkeit im Internetzeitalter und beim Gesprächspartner. Ihr bestes und unschlagbarstes Kommunikationsmittel lautet: Keine Verbote!

Was auch deshalb schizophren ist, weil alles, was früher Regeln und Verordnungen waren, heute aus Motiven des Eigennutzes zum Verbotsduktus umgedeutet wird. Die ordnungsliebenden Deutschen wertschätzen eigentlich Regeln und Verordnungen. Was sie jedoch fürchten, wie sonst nur den Wolf im Märchenwald, sind Veränderungen, womöglich Verzicht. Veränderungen, auch positive, machen sie erstmal haltlos. Was dann folgt bei den meisten: Angst, die sprichwörtliche German Angst.

P.S: Der Verfasser gehört nach gründlicher Selbstbesinnung auch zu Dänen. Ein gesundes Selbstbewusstsein leugnet halt keine Fakten! Und zu diesem gesunden Selbstbewusstsein gehört Selbstkritik, Kritik im ursprünglichen Wortsinn, was da meint, die Grenzen und Beschränkungen einer Sache zu erkennen – Zweifel und das in Frage stellen gehören mit aller Selbstgewissheit, na aber logo, jawohl, dazu.

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Als stoische Philosophie bzw. Stoizismus wird einer der wirkmächtigsten philosophischen Lehren in der abendländischen Philosophiegeschichte bezeichnet. Die von Zenon von Kition um 300 v. Chr. im antiken Griechenland begründete philosophische Richtung erreichte zuerst dort, später um die Jahre vor und nach null unserer Zeitrechnung in der römischen Welt ihren Höhepunkt.

Das besondere Merkmal der stoischen Philosophie ist die offene, auf Ganzheitlichkeit der Welterfassung gerichtete Betrachtungsweise, aus der sich ein aus natürlichen Zusammenhängen waltendes universelles Prinzip ergibt. Vertreter dieser Denkrichtung werden als Stoiker bezeichnet. Für den Stoiker ist individuelles Handeln und die praktische Lebensführung entscheidend, um einen sinnvollen Platz als soziales Wesen in der Gemeinschaft einzunehmen. Das gelingt am ehesten, indem er per Gelassenheit und Seelenruhe sich in emotionaler Selbstbeherrschung übt.

Nach dem Tod seiner berühmtesten Vertreter – Seneca, Gaius Rufus, Epiktet und dem römischen Kaiser Mark Aurel, um die wichtigsten vier zu nennen - stürzte der Stoizismus in eine Krise, seine Bedeutung schwand. Der Mangel an charismatischen Lehrern und der Aufstieg des Christentums waren die Hauptgründe für den Niedergang der einst so populären Philosophie.

Eine Lebensmaxime, wie man von äußeren Umständen unabhängig wird, innerlich gefestigt und unerschütterlich in sich ruhend Zufriedenheit findet. Durch Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung zur inneren Unabhängigkeit gelangen, so die Devise. Die Ataraxie, die sprichwörtlich gewordene stoischen Ruhe: Durch sie wird echte Autonomie erreicht, gegen jegliche Ansprüche von außen und gegen jegliche Art von Gruppenzwängen. Handeln statt Reden ist ein weiterer Leitgedanke. Von den hier erwähnten Hauptvertretern jeweils ein Zitat, sowie zum Schluss ein Literaturtipp:

 Es verblüfft mich immer wieder: Wir alle lieben uns selbst am meisten, und doch ist uns die Meinung anderer wichtiger als unsere eigene.  Marc Aurel (121 n. Chr. – 180 n.Chr.)

 Da jeder Mensch sterben muss, ist es besser, in Würde zu sterben, als lange zu leben.  Gaius Rufus (circa 30 n. Chr. – ca. 100 n. Chr.)

 Erkläre deine Philosophie nicht. Verkörpere sie.  Epiktet (circa 55. Chr. – ca.135 n. Chr.)

 Wer nicht weiß, welchen Hafen er ansegeln will, für den ist kein Wind der richtige.  Seneca (circa 4. Chr. – 65 n. Chr.)

 Die Reise, bei der ich Schiffbruch erlitt, war eine erfolgreiche Reise.  Zenon von Kition  (um 300 v. Chr.)

Jonas Salzgeber: Das kleine Handbuch des Stoizismus. Zeitlose Betrachtungen um Stärke, Selbstvertrauen und Ruhe zu erlangen.

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Die Menschen, alle Lebewesen sehen die Welt durch eine rosa-rote Brille. Brille als Metapher denken und rosa/rot streichen, dann kommt man der Wirklichkeit sehr nahe. Derjenige, der das schon frühzeitig gesehen hatte, war Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts Immanuel Kant.

Der Mensch erkennt die Wirklichkeit nur so, wie er sie wahrnimmt, und nicht so, wie sie ist. Ob und wie die Wirklichkeit ungefiltert existiert, das überfordere die menschliche Denk- und Erkenntnisfähigkeit. Und auch die Sinneswelt der Kreaturen, anscheinend reich an Erfahrungsmomenten, vermag daran nichts ändern.

Wirklichkeit und Wahrnehmung, Objektivität und Subjektivität, Wissen und Glaube, Natürliches und Übernatürliches sind strukturell sich ähnelnde Dipole.

Wie Wahrnehmung funktioniert, darüber kann man wissenschaftliche Untersuchungen anstellen, so wie man einen Pulk von Marathonläufern während des Laufs beobachten kann, ohne zu wissen, wer als Sieger am Ziel eintreffen wird. Und so wie man beim Sport dopen kann, so kann man bei dem Prozess der Wahrnehmung manipulieren, um ein gewünschtes Ergebnis zu bekommen – bis hin zu Wirklichkeitsverzerrungen und Wirklichkeitsleugnung.

Wobei Lügen und Fakenews die Mittel und der Gebrauch derselben, die Methoden des bewussten und gezielter Einflusses von Mächtigen auf Ohnmächtige sind - das ist dann Manipulation. Dabei ist sie stets intersubjektiv und ihr Grad beschreibt die Macht- und Herrschaftsverhältnisse der Menschen untereinander. Je hierarchischer die Machtverhältnisse, desto stärker das Potential von Manipulation und jenes zu deren Aufrechterhaltung.

Im Zusammenhang über Missbrauchsfälle in der katholischen Welt wird zurecht auf das amtsverpflichtende und widernatürlich perverse Sexualverhalten der Kleriker hingewiesen. Eine zumindest ebenso gewichtige Rolle als Erklärung spielt meines Erachtens die gewaltige hierarchische Struktur der Amtskirche, die Pforten der Gewalt öffnen.

Das gleiche Muster gilt für das Leben zwischen den Geschlechtern mit tradierten Rollen. Es gilt für die mafiöse Welt und für alle autoritären bis hin zu den diktatorischen Staatengebilden.

Kant hat auch erkannt, dass Aufklärung die Befreiung des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit ist. Er meinte damit die Befreiung von fremdem Einfluss, basierend auf Macht, Herrschaft sowie Gewalt. Um Missverständnisse aus dem Weg zu gehen: Auch die Demokratie ist eine Herrschaftsform, nicht frei von Macht, es kommt jedoch auf die Dosis an. Die Gewalt ist hier nach Rechtsregeln so weit wie nötig, so weit wie möglich eingehegt. Demokratien operieren nach Möglichkeit im Hellen und auf Sicht, Diktaturen im Dunkeln hinter einer „schwarzen Dunkelbrille“ - nicht zufällig eine der Verbildlichungen der Geheimdienstorganisationen.

Demokratien stehen für angenäherte Wirklichkeitsformen; ein Spieß- und Wutbürger gibt sich mit einer Annäherung natürlich nicht zufrieden. Repressive Staatsformen stehen für eine manipulierte Wahrnehmungswelt.

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Der Verkehr nimmt zu. Der Platz dafür ist endlich. Straßenverkehr ist gemeint und selbstverständlich ist man Partei – es kommt in erster Linie darauf an, mit welchem Verkehrsmittel man unterwegs ist.

Zugreisende erregen sich selten bis nie über Autofahrer, höchstens in der Theorie oder im Allgemeinen, jedoch nicht in der Praxis und in den Kampfzonen. Umgekehrt ist das genauso. Bei Autofahrern und Radfahrern ist das anders: konfliktgeladen und wenig harmonisch.

Wie gesagt, ich möchte hier keine Partei ergreifen, denn ich sitze gerade weder hinter dem Lenkrad noch auf dem (Drahtesel)Sattel, sondern auf dem Schreibtischstuhl und bewege mich gerade auf einem verkehrsgesicherten, weil unbeweglichen, mehr oder weniger stauähnlichen und somit neutralen Terrain.

In der Stadt, in der ich lebe, gibt es realisierte und geplante Verkehrskonzepte, so auch in der Stadt, in der ich ebenfalls gerne leben mir wünsche. Beide Städte haben einen Hauptbahnhof, beide einen oder mehrere Autobahnanschlüsse. Und beide Städte werben gerne mit einem Etikett wie „The best and most livable bike mega world metropole - La méga métropole mondiale du vélo la meilleure et la plus vivable - Den bedste og mest beboelige cykel mega verdensmetropol“.

Im Grunde könnten beide Verkehrskonzepte voneinander Nutzen beziehen. Warum das schwierig ist, so meine These, könnte am unterschiedlichen Nationalcharakter liegen, in diesem Fall dem niederländischen einerseits und dem deutschen andererseits.

Während meiner Studentenzeit hatte ich ein Seminar über die Soziologie der Niederlande besucht und überrascht feststellen müssen, dass der katholische Anteil der Bevölkerung etwa gleich groß ist wie der protestantische. Bis dato war ich davon ausgegangen, die Niederlande sei ein mehrheitlich protestantisches Land. Beide Bevölkerungsgruppen leben mehr oder weniger getrennt voneinander und wenig miteinander. Dies funktioniert unter einem nationalen Dach allerdings nur dann weitgehend störungsfrei, nämlich bei einer, der niederländisch sprichwörtlichen Toleranz. Sicher, ein Idealtypus, aber deswegen nicht prinzipiell eine Unmöglichkeit.

Deutschland hingegen, die verspätete Nation, war historisch über lange Zeiten ein geopolitischer Flickenteppich, der nur mit vielen Regeln und Verordnungen funktionierte. Der deutsche bürokratische Überlauf heutzutage ist eine direkte Nachwirkung davon.

Und diesen Flickenteppich gibt es auch im deutschen Verkehrswegeplan: Gehsteige, Autofahrbahnen, Fahrradwege, Parkplätze etc. zwar getrennt gekennzeichnet, aber physisch unzureichend voneinander getrennt. Wird doch bei genügend Regeln, Verordnungen und Verboten - deutscherprobt - schon funktionieren, so die Erwartungshaltung.

Nach einem Feldversuch mit Radlern und Autofahrern in beiden Städten, wurden die Teilnehmer anschließend gefragt, welche Merkmale ihnen, auch im Vergleich, dabei aufgefallen seien. Das Ergebnis: Da wo die Verkehrswege konsequent getrennt sind, wobei die Trennung ja gar nicht so rigoros vollzogen werden muss, wie zwischen Straße und Schiene ;-) , da sei alles besser gewesen: Verkehrsfluss, Verkehrssicherheit und nicht zuletzt der menschliche Gefühls- und Erregungshaushalt aller Beteiligten, nicht zuletzt der menschliche Gefühls- und Erregungshaushalt, nicht zuallerletzt, ja wirklich, der menschliche Gefühls- und Erregungshaushalt tatsächlich aller Beteiligten.

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Früher hatte das Bildungsbürgertum das Universallexikon, den 24-bändigen Brockhaus im Bücherregal stehen. Für historisch Interessierte gab es die 12-bändige Durant Kulturgeschichte der Menschheit - Sammelbände zur Selbsterbauung oder auch zur Fremdangabe.

Im Google- und Wikipedia Zeitalter sind diese Nachschlagwerke entweder ganz verschwunden oder ins Antiquariat verbannt.

Heute möchte ich für zwei Bücher werben, von denen ich mir wünsche, dass sie nicht im Antiquariat verstauben, im Regal unberührt gelassen werden, stattdessen des Öfteren mit Neugierde aufgeschlagen werden.

Geschichte - Von den Ursprüngen der Menschheit bis Heute

(Die Große Bild – Enzyklopädie, Dorling Kindersley Verlag, Penguin Random House, deutsche Ausgabe, 2015)

Die kongeniale Ergänzung dazu:

Christian Grataloup: Die Geschichte der Welt (deutsch 2023, 6. Auflage)

Erstes Buch ist ein brillant illustrierter Bildband mit zugehörigen Texterläuterungen, ein historischer Themenband in chronologischer Abfolge. Die zweite Empfehlung ein thematisch ebenso reich umfassendes Illustrier-und Kartenwerk, sozusagen: Historischer Atlas 2.0

Was die Digitalisierung und auch e-books (noch) nicht leisten können, ist eine gleichwertige Bild- und Kartenwiedergabe. Zwei Bücher, die die Welt nicht braucht, weil sie selbst eine (Lese)welt für sich sind.

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Der bulgarische Schriftsteller Georgi Gospodinov hat den diesjährigen International Booker Prize verliehen bekommen. Sein Roman Zeitzuflucht ist mit diesem renommierten Literaturpreis ausgezeichnet worden.

Die Feuilletonkritik hat in erster Linie den Parabelcharakter dieses Romans betont. Die Hauptfigur eröffnet eine „Klinik für Vergangenheit“ in der Alzheimer-Kranke leben. Im weiteren Verlauf bevölkern auch die „Gesunden“ diesen Ort der Erinnerung. Je mehr diese verschwindet, desto wertvoller wird die Vergangenheit, desto unsicherer die Gegenwart, desto beängstigter die Zukunft. Günstige Voraussetzungen in der Tat auch für Populisten jeglicher Couleur mit ihrer Verherrlichung der Vergangenheit und dem Angstmachen vor der Zukunft. Eine Parabel über unsere gegenwärtige Zeit!

Ein genauso wichtiger Aspekt: Wer jemals Umgang mit Personen, erkrankt an Alzheimer hat oder hatte, wird das tiefe Gefühl von Einsamkeit aller Beteiligten (nach)empfinden, wenn er dieses Buch liest. Diese emotionalen Passagen und die Schilderungen unzähliger Facetten von Verlassen-Sein und Verlassen-Werden machen diesen Roman so besonders.

„Ach ja, es gab noch ein kurzes Gespräch, am letzten Tag. Erst da erfuhr ich, dass Gaustín in einem verlassenen Haus in einem kleinen Städtchen am Fuße des Balkangebirges lebte. Ich habe kein Telefon, sagte er, aber Briefe kommen an. Er kam mir unendlich einsam vor und … unzugehörig. Das war das Wort, dass mir damals in den Sinn kam. Nicht zugehörig zu nichts in der Welt, oder genauer gesagt, zur gegenwärtigen Welt. Wir betrachteten den verschwenderischen Sonnenuntergang und schwiegen. Aus dem Gebüsch hinter uns erhob sich eine ganze Wolke von Mücken. Gaustín folgte ihnen mit dem Blick und sagte: Während das für uns einfach nur ein weiterer Sonnenuntergang ist, ist dieser Sonnenuntergang für die heutigen Eintagsfliegen der Sonnenuntergang ihres Lebens. Oder so etwas in der Art. Ohne nachzudenken, sagte ich, das sei doch nur eine abgedroschene Metapher. Er schaute mich verwundert an, blieb aber stumm. Erst nach einigen Minuten meinte er: Bei denen gibt es keine Metaphern. …

… Nach diesem Brief beschloss ich, nicht weiter zu antworten. Er schrieb mir auch nicht mehr. Weder zum nächsten Neujahr, noch zum übernächsten. Allmählich verblasste die Erinnerung, und wenn da nicht einige Briefe wären, die ich immer noch aufbewahre, würde ich wahrscheinlich selbst nicht daran glauben. Aber es sollte anders kommen. Einige Jahre später erhielt ich erneut einen Brief von Gaustín. Ich hatte böse Vorahnungen und es nicht eilig, ihn zu öffnen.“

Georgi Gospodinov, Zeitzuflucht

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Psychotherapeuten haben einen sogenannten Supervisor, der hilft den Unrat, welcher sich in Therapiesitzungen anhäuft, wegzuräumen. Das passiert, um den Therapeuten in eine gesunde Lage zurückzuversetzen, seine Arbeit fortzuführen.

Helfer und medizinisches Personal an schrecklichen Unfallorten bekommen auf Wunsch im wahrsten Sinne des Wortes seelsorgerischen Beistand, um ihre Helfertätigkeiten verarbeiten zu können.

Katholische Priester haben ihren Bischof, die Bischöfe haben ihren Pabst, der Pabst hat den lieben Gott!

Apropos Liebe, mit Augenzwinkern. Die Familie ist die Keimzelle der menschlichen Liebe, hervorgegangen durch die liebevollste Vereinigung ever, die zweier Menschen. Auf diesem zwischenmenschlichen Gelände brauchen wir noch nicht einmal notwendigerweise den Respekt als Beziehungskitt, anders als in den oben erwähnten Verhältnissen, wo Respekt, der Respekt des Ausprechen-Lassens, der Zuhör-Respekt das Mindeste ist, um Dialogfähigkeit zu ermöglichen. Benötigen "nur die Liebe". Fehlt diese, herrschen im schlimmsten Fall zwischen den Familienmitgliedern Abhängigkeiten und krasse Machtverhältnisse vor. Innerhalb der Familienstrukturen ist es eine Hölle auf Erden.

Der Buddhismus kennt keinen Gottesbegriff. Für viele Menschen ist er aus diesem Grund zur Hälfte lebenstherapeutische Hilfe, zur anderen Hälfte ethischer Ratgeber, nur keine Religion.

Aus einem Buch:

„Mein thailändischer Lehrer Ajahn Chah behauptete, dass Mönche Mülleimer sein sollten. Mönche sollen in ihren Klöstern sitzen, sich die Probleme der Menschen anhören und deren ganzen Unrat aufnehmen. Eheprobleme, Schwierigkeiten mit heranwachsenden Kindern, Beziehungskonflikte, finanzielle Sorgen, Einsamkeiten, …

… aus Mitgefühl heraus sitzen wir da, hören zu, geben Einblick in unser friedliches Leben, und werden mit Müll überhäuft.

Ajahn Chah gab einen zusätzlichen essenziellen Rat. Er empfahl uns Mönchen, Mülleimer mit einem Loch im Boden zu sein. Wir sollten allen Abfall aufnehmen, aber keinen bei uns behalten.

Daher sollte ein hilfreicher Freund oder Berater wie ein bodenloser Mülleimer sein, der nie zu voll ist, um sich noch ein Problem anzuhören.“

Ajahn Brahm, Die Kuh, die weinte

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Es gibt großartige Kunst und es gibt gelinde formuliert verirrte Künstler. Kann Kunst geschätzt werden, wenn der Urheber dieser Kunst verächtliche Überzeugungen öffentlich vertritt? Der norwegische Schriftsteller Knut Hamsun, der deutsche Komponist Richard Wagner, sie sind lange tot. Roger Waters, führendes Ex-Pink Floyd-Bandmitglied, lebt. Er ist gerade in Deutschland auf Konzerttour gewesen und am letzten Freitag erschien seine neue CD. Updatevarianten altbekannter Stücke. Große Kunst! Herausragend das Stück Comfortably Numb. Das Original ist bekannt auch wegen des fantastischen Gitarrensolos von David Gilmour, welches hier selbstverständlich von Roger Waters gestrichen wurde. Das Ergebnis: Reinhören! Die „Liebste Feind-Beziehung“ Gilmour/Waters ist halt legendär und wird auch immer wieder upgedatet.

 

Der Songtext, die (sehr) freie Übersetzung und ein Kommentar.

Comfortably Numb - Bequeme Illusionen - DPS (Dekadentes Parvenu-Syndrom)

 

Hallo? Hello! Moin!!

 

Ist da drinnen jemand? Is there anybody in there? Ja, die Konzerthalle ist ausverkauft.

 

Beweg dich einfach, wenn du mich wahrnimmst Just nod if you can hear me Darf dir also applaudieren?

 

Und jemand dort zu Hause? Is there anyone home? Alles wie zu Hause – überall Sitzplätze!

 

Antworte Come on now Moin! Moin!

 

Ich bin hier, weil du dich elendig fühlst. I hear you're feeling down Werde dich gerade deshalb musikalisch gut unterhalten.

 

Weil ich deine Schmerzen lindern kann Well I can ease your pain Musik entspannt die Muskeln und Glieder.

 

Werde ich dich wieder aufrichten Get you on your feet again Bleibe lieber sitzen, eh keine Stehplätze da.

 

Entspannung ist jetzt angebracht Relax Dann leg los!

 

Dafür brauche ich aber Infos über dich I'll need some information first Meine Daten? Die Ticketpreise sind schon heftig gewesen.

 

Die Basics genügen mir allerdings Just the basic facts Steuernummer und Bankverbindungsdaten also.

 

Kannst du mir zeigen, wo es weh tut? Can you show me where it hurts? In den Ohren, wenn du politisch wirst, Roger.

 

Sicher, es gibt sie, die chronischen Schmerzen There is no pain you are receding Weil Du immerzu diffamierst, Roger.

 

Aber ein fernes Zeichen am Horizont A distant ship smoke on the horizon Gut, dann werde endlich altersmild.

 

Du kommst nur im Auf und Ab durch dein Leben You are only coming through in waves Das ist eine Binsenweisheit!

 

Kann deine Mimik und Körpersprache nicht deuten Your lips move but I can't hear what you're saying Die Bühne ist zu weit weg.

 

Als Kind hatte ich ADHS. When I was a child I had a fever Aufmerksamkeitsdefizite und Hyperaktivitätsstörungen! Die hast Du noch immer.

 

Meine Hände fühlten sich an wie taub My hands felt just like two balloons Mit einer Hand das Mikrophon, mit der anderen die Riffs deiner Bassgitarre – das geht noch.

 

Dieses Gefühl hält bis heute an Now I've got that feeling once again Wem sagst Du das.

 

Ich kann es nicht erklären und du würdest es auch nicht verstehen I can't explain you would not understand Dann höre auf, deine unsäglichen Parolen herauszuhauen!

 

Eigentlich bin ich ganz anders This is not how I am Was du aber als A-Prominenter auch öffentlich machen müsstest.

 

Bin jedoch wie in einer Blase verfangen I have become comfortably numb Armer Idiot!

 

Nur ein kleiner Nadelstich hinein … Just a little pinprick Ja, es wäre ganz einfach. Vielleicht mit Davids Gitarrenplektrum?!

 

Nur, sie gibt es nicht … nein There'll be no more, ah Stehst dir doch selber im Weg.

 

Aber vielleicht fühlst du dich nur ein wenig krank But you may feel a little sick Wenn es doch so einfach wäre.

 

Dann könntest du einfach aufstehen? Can you stand up? Alles gut!

 

Ich glaube, dass dies möglich wäre I do believe it's working, good Sag doch: Alles gut. Alles roger, Roger!

 

Und das wird dich dann durchs Leben bringen That'll keep you going through the show Sogar am Ende der Wegstrecke.

 

Komm jetzt, es wird Zeit Come on it's time to go Wahr getönt, Roger.

 

Die Schmerzen werden zwar bleiben There is no pain you are receding Schade!

 

Eine ferne Hoffnung aber am Horizont A distant ship, smoke on the horizon Immerhin.

 

Im Auf und Ab genau dorthin You are only coming through in waves Morgens hü & abends hott.

 

Wirklich verstehen – auch jetzt noch nicht Your lips move but I can't hear what you're saying Im Dialog geht das, im Monolog eher nicht.

 

Als ich ein Kind war When I was a child Werde jetzt nicht weinerlich, Roger!

 

Da hatte ich noch andere Möglichkeiten I caught a fleeting glimpse Sicher und die Milch gab es noch aus der Kanne.

 

So einige in meiner Welt Out of the corner of my eye Ein Leben – tausend Wege.

 

In alle Richtungen des Lebens, alle weg I turned to look but it was gone Selbst der Pink Floyd Pfad, auf dem jetzt der David wandelt.

 

Ich kann es kaum glauben: I cannot put my finger on it now Wie gesagt: Stehst dir doch selbst im Wege.

 

Ich bin jetzt erwachsen The child is grown 79 Jahre und 80 Lenze

 

Keine Träume mehr The dream is gone Dafür deine FakeNews.

 

Aber auch nicht wirklich wach! I have become comfortably numb Du Gehirntoter!

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