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Kürzlich ist hier über Narzissmus geschrieben worden. Dieses Thema soll erneut aufgegriffen werden, ohne diesen Begriff ein weiteres Mal zu verwenden. Vielmehr geht es um die Frage, wie die eigene Zufriedenheit möglich ist - oder auch verfehlt wird.

Im Grunde gibt es nur ein Hindernis für den eigentlich von jedem von uns angestrebten Zustand der Zufriedenheit, den Frieden mit sich selbst. Und dieses Hindernis sind wir, nicht andere Personen, nicht die Umstände.

Folgende Situation: Wir geraten in Streit und werden verbal beleidigt. Normalerweise fühlen wir uns direkt und persönlich angesprochen, mehr noch, wir fühlen uns angegriffen. Wie sonst sollte unsere Reaktion auch ausfallen? Alternativ könnten wir aber auch eine besondere Distanz schaffen und die Beleidigung einfach hinterfragen, mit der Überlegung, dass mich der andere doch gar nicht umfassend kennt. Täte er das, würde er sich nicht so äußern.

Methodisch schaffe ich so eine Distanz zu meinem Ego. Und beobachte mich selbst bei diesem Vorgang - das ist die Pointe. Auf mein Hinhören beleidigter Worte, schaffe ich diese eigene Distanz zu meinem Ego und finde dabei mein eigenes Selbst, finde ein Korrektiv zu den Beleidigungen, um beim Beispiel zu bleiben.

Eine derartige Distanz ist eine Form der Selbstbeobachtung und nicht eine Abart von Distanz, welche lediglich ein Nebens-Sich-Stehen wäre, und deshalb wenig authentisch und hilfreich. Es geht stattdessen um eine besondere Art der Selbstachtsamkeit, die auch unsere eigene Körpersprache, unsere eigene Mimik sensibilisiert. Ergebnis: Diese Distanz ermöglicht eine Selbstversöhnung mit unseren Gefühlen; Emotionen, die bei Beleidigungen, Angriffen, Verletzungen und Ablehnungen unserer Persönlichkeit verständlicherweise negativer Art sind: Wut, Ärger, Empörung, Vergeltungsgelüste, etc.

Nochmals zum Unterschied des Phänomens Ego vs. Selbst: Ego ist, was ich meine zu sein, mir jedoch größtenteils von außen vorgesetzt wird. Selbst ist, was ich bin.

Anmerkung und das in Form einer Meinung,  ;-) : Wer denkt, der wertet nicht. Wer aber wertet und urteilt, hat ständig eine Meinung. Nur, Urteile haben ihren Ort typischerweise vor Gericht und in der Schule, aber nicht in der gesamten Lebenswelt. Deshalb kratzt dieses ganze Getöse der akuten Meinungsgesellschaft so sehr an unsere Nerven!: „ Ich finde…, ich finde…, Ich  finde“!: Meine Güte, die Zeit der großen Weltentdeckungen liegt längst hinter uns, Ihr Weltentdecker, die Ihr immer wieder etwas findet!  

Distanz zum Ego schafft ein Selbst, schafft ein wahres Selbstbewusstsein. Es ist eine Verwandlung vom Ichling zum Selbst.

Und wie ermögliche ich generell eine Haltung, die für eine Distanz zu mir im obigen Sinne sorgt? Zum Beispiel durch Neugier auf Dinge, auf Mitmenschen, bei denen ich vielleicht sogar der Meinung bin, sie wären erst einmal nichts für meine Gewohnheiten und Vorlieben. Da mir mein Gegenüber nicht gleicht in seinem mir so eigenwilligen Dasein, passt er mir per se nicht, passt gar nicht zu meinen Vor-Urteilen. Schlimmer noch: Da ich mir gar nicht vorstellen kann, dass es andere Menschen mit anderen Meinungen und Ansichten geben kann, ja gar nicht geben darf, bin ich stets verwundert und ständig in einer empörenden Lebenshaltung gegenüber der Welt, meiner unmittelbaren Umwelt gegenüber. Ich bin dann im sogenannten Spießbürger-Modus mit mehreren Überschussdosen „Moralin“ in meinen Adern und Venen, in einem Modus Disvivendis, welcher in erster Linie, ja, nur mir selbst schadet und so gar keine Ver_Söhnung um mich herum schafft.

Schlimmer noch: Verliert sich die gesunde Gier auf Neues und Unbekanntes, verkümmert der Mensch. Man verbittert und ist einsam - ist sprichwörtlich verdammt zur Einsamkeit.

„Es gibt fast nichts in der weiten Welt, was sich nicht mit meiner Existenz verbinden ließe.“ Karl-Markus Gauß (Reiseschriftsteller)

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