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Die Menschen, alle Lebewesen sehen die Welt durch eine rosa-rote Brille. Brille als Metapher denken und rosa/rot streichen, dann kommt man der Wirklichkeit sehr nahe. Derjenige, der das schon frühzeitig gesehen hatte, war Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts Immanuel Kant.

Der Mensch erkennt die Wirklichkeit nur so, wie er sie wahrnimmt, und nicht so, wie sie ist. Ob und wie die Wirklichkeit ungefiltert existiert, das überfordere die menschliche Denk- und Erkenntnisfähigkeit. Und auch die Sinneswelt der Kreaturen, anscheinend reich an Erfahrungsmomenten, vermag daran nichts ändern.

Wirklichkeit und Wahrnehmung, Objektivität und Subjektivität, Wissen und Glaube, Natürliches und Übernatürliches sind strukturell sich ähnelnde Dipole.

Wie Wahrnehmung funktioniert, darüber kann man wissenschaftliche Untersuchungen anstellen, so wie man einen Pulk von Marathonläufern während des Laufs beobachten kann, ohne zu wissen, wer als Sieger am Ziel eintreffen wird. Und so wie man beim Sport dopen kann, so kann man bei dem Prozess der Wahrnehmung manipulieren, um ein gewünschtes Ergebnis zu bekommen – bis hin zu Wirklichkeitsverzerrungen und Wirklichkeitsleugnung.

Wobei Lügen und Fakenews die Mittel und der Gebrauch derselben, die Methoden des bewussten und gezielter Einflusses von Mächtigen auf Ohnmächtige sind - das ist dann Manipulation. Dabei ist sie stets intersubjektiv und ihr Grad beschreibt die Macht- und Herrschaftsverhältnisse der Menschen untereinander. Je hierarchischer die Machtverhältnisse, desto stärker das Potential von Manipulation und jenes zu deren Aufrechterhaltung.

Im Zusammenhang über Missbrauchsfälle in der katholischen Welt wird zurecht auf das amtsverpflichtende und widernatürlich perverse Sexualverhalten der Kleriker hingewiesen. Eine zumindest ebenso gewichtige Rolle als Erklärung spielt meines Erachtens die gewaltige hierarchische Struktur der Amtskirche, die Pforten der Gewalt öffnen.

Das gleiche Muster gilt für das Leben zwischen den Geschlechtern mit tradierten Rollen. Es gilt für die mafiöse Welt und für alle autoritären bis hin zu den diktatorischen Staatengebilden.

Kant hat auch erkannt, dass Aufklärung die Befreiung des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit ist. Er meinte damit die Befreiung von fremdem Einfluss, basierend auf Macht, Herrschaft sowie Gewalt. Um Missverständnisse aus dem Weg zu gehen: Auch die Demokratie ist eine Herrschaftsform, nicht frei von Macht, es kommt jedoch auf die Dosis an. Die Gewalt ist hier nach Rechtsregeln so weit wie nötig, so weit wie möglich eingehegt. Demokratien operieren nach Möglichkeit im Hellen und auf Sicht, Diktaturen im Dunkeln hinter einer „schwarzen Dunkelbrille“ - nicht zufällig eine der Verbildlichungen der Geheimdienstorganisationen.

Demokratien stehen für angenäherte Wirklichkeitsformen; ein Spieß- und Wutbürger gibt sich mit einer Annäherung natürlich nicht zufrieden. Repressive Staatsformen stehen für eine manipulierte Wahrnehmungswelt.

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