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Die Bedeutung der Wissenschaft wurde in der islamischen Welt bereits wesentlich früher als in Europa gesehen. Arabische Kalifen in Bagdad ließen ab dem 8. Jahrhundert ins Arabische übersetzen, was entdeckt und gefunden wurde: indische Schriften, persische Bücher, vor allem aber die Literatur der Griechen.

Einer der wirkungsmächtigsten Intellektuellen der damaligen Zeit war der Universalgelehrte al-Bīrūnī (973-1048). Eines seiner Themen: der Wert der Wissenschaft zeige sich in den zwei Kräften, die im Widerstreit lägen, Religion und Ratio, Glaube und Vernunft. Wie mit diesem Dualismus umgehen?

Ein nicht verlässlich ihm zugeschriebenes Zitat lautet denn auch: die Bewohner der Erde sind in zwei Arten geteilt, die einen haben ein Hirn aber keine Religion, die anderen haben eine Religion aber kein Hirn.

Glaube und Vernunft sah al-Bīrūnī jedoch gerade nicht im Widerstreit stehend. Nicht als unüberbrückbarer Gegensatz, sondern als notwendige Ergänzung zweier konträrer Perspektiven interpretierte er sie. So sah er sich selbst zugleich als gläubiger Muslim und als forschender Gelehrter.

Wissensarbeiter sollten sich ausschließlich in den Sphären der Wissenschaft bewegen und nur wissenschaftliche Methoden benutzen. Vor allem dürften diese nicht einfach an Dingen und Phänomenen glauben. Man müsse stets skeptisch vorgehen und den Zweifel pflegen. Im Glauben dagegen hätten Skepsis und Zweifel nichts verloren.

Obiges Zitat entsprechend, nichts verachtete al-Bīrūnī mehr als Dummheit und Dilettantismus und jene, die immer nur nach dem praktischen Nutzen der Wissenschaft fragen würden:

„Sie wissen nicht, worin der Vorzug des Menschen vor allen anderen Lebewesen besteht. Und dass dieser Vorzug gerade das Wissen schlechthin ist. Und dass der Mensch, wenn er es aufgibt, zum Verlierer wird. Sie wissen nicht, dass die Wissenschaft an sich etwas Erstrebenswertes ist und vor allem anderen wahrhaft Glück bringend.“

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