Es gibt notwendige Eigenschaften für Demokratien: Freie und faire Wahlen, ein unabhängiges Justizwesen, eine auf Gegengewicht beruhende Gewaltenteilung, vielfältige und freie Medien, um nur die wichtigsten zu nennen. Die hier angehängten Beiworte verdeutlichen, dass eine simple Schlagwortklassifizierung heute nicht mehr ausreicht. Auch autoritäre und diktatorische Staaten operieren mit den Begriffen Demokratie, Recht, Öffentlichkeit.
Nur, es ist ein fundamentaler Unterschied, Beispiel, ob eine Staatsspitze ihre Vor-Urteile den Gerichten zuweist, die sie jenen in Abhängigkeit zu endgültigen Urteilen zwingt. Oder ob ein ohn(e)mächtiger Bürger seine legitimen Ansprüche auf dem ihm offenstehenden Rechtsweg notfalls sogar gegen den Staat selbst und seinen Institutionen durchsetzen kann.
Hinter all dem steht ein Menschenbild von je unterschiedlichem Ausmaß. Auch hier lohnt, wie bei so viel Kulturgeschichtlichem der Blick zurück in die europäische Antike. Für den um 700 v. Chr. geborenen altgriechischen Dichter Hesiod ist Recht das Kennzeichen des Menschen: „Lass dir gesagt sein, höre nun auf das Recht und denke nicht an Gewalttat. Solche Ordnung setzte nämlich Zeus den Menschen, den Fischen, allem Getier und fliegenden Vögeln: dass Tiere zwar einander auffressen, weil bei ihnen kein Recht herrscht, während er den Menschen Recht verlieh, das höchste Gut unter allen“. Wer es zeitgemäßer mag, lese z.B. „Individuum und Menschheit – Eine Philosophie der Demokratie“ von Volker Gerhardt, soeben erschienen.
Dass Diktaturen und Unterdrückerstaaten, auch rechtsstaatszersetzende Parteien in freien Gesellschaften, das ursprüngliche Vokabular übernommen haben, dieses jedoch für ihre repressiven Zwecke sinnentleeren und pervertieren, beweist nur den lediglich fadenscheinig umstrittenen, in Wirklichkeit aber weltweiten Geltungsanspruch demokratischer Standards der ursprünglich beim Wort, dem lógos genommenen Bedeutungen.