Genaue Vorhersagen über zukünftiges menschliches Verhalten sind nicht möglich
Es liegen nur wenige exakt durchgerechnete Modelle zur Finanzierung eines Grundeinkommens vor. Leicht einzusehen ist, dass dies auch an den unterschiedlichen Vorstellungen liegt, wie hoch so ein Einkommen denn sein soll. Die Variationsbreite von monatlich 500 bis 1200 Euro pro Person ergeben halt sehr verschiedene Ergebnisse. Einfache Gegen- oder Vergleichsrechnungen können nur schwer die Komplexität der Sache erfassen, da sich zukünftiges menschliches Verhalten nur bedingt in exakte Zahlen fassen lassen.
Mehrere Fragen sind dabei zu beantworten, z.B.: Wird der Anreiz, durch ein „Grundgehalt“ erwerbs- oder ehrenamtlich zu arbeiten, erhöht oder ist dieser Anreiz wirkungslos? Wird ein „Grundgehalt“ zu mehr Konsum führen und, falls ja, in welcher Höhe? Nur eine unbekannte Variable im Hinblick auf ein potentiell erhöhtes Wirtschaftswachstum, welches wiederum die Höhe der staatlichen Einnahmen bestimmt?
Eine Gewissheit gibt es allerdings: Die Einführung würde eine Umverteilung von Geld im großen Stil bedeuten. Nun kennen wir seit Jahren die finanziellen Umverteilungsmechanismen in der Gesellschaft. Sie sind die Ursache der stets weiter auseinander gehenden Schere zwischen Arm und Reich – so regelmäßig in offiziellen Armutsberichten nachzulesen. Dieser Mechanismus funktioniert nach marktliberalen Gesetzen, bei denen der Staat seine Ordnungs- und Lenkungsfunktion nicht mehr wahrnimmt. Dessen Passivität erklärt größtenteils das Arm-Reich-Phänomen.
Illustration: © Agneta Becker
Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens würde ebenfalls eine riesige Umverteilung in Gang setzen. Diese Umverteilung würde allerdings vom staatlichen Akteur ausgehen. Er würde dabei seine Ordnungs- und Lenkungsfunktion (wieder) ausüben – und das in Zeiten der Vorherrschaft der Wirtschaft gegenüber der Politik, wenn diese Umverteilung denn ernsthaft in Angriff genommen würde. (Anm.: Auch der Autor übersieht nicht die Überregulierung von staatlicher Seite, zum Beispiel bei Vorschriften im Lebens- sowie Arbeitsalltag und überzogener Bürokratie. Als wenn es der trotzige Ausgleich für fehlende Eingriffe in den makroökonomischen Bereich wäre, den der Staat den freien Marktkräften überlässt.)Es ist dieser Umstand und es sind weniger die konkreten Inhalte, die den gegenwärtig utopisch erscheinenden Charakter des BGE ausmachen, wenn über dessen Einführung diskutiert wird. Paradox oder bei genauem Überlegen auch nicht: Es sind die „staatstragenden“ Parteien CDU, CSU, FDP und SPD, die das Konzept ablehnen, es sind Grüne, Linkspartei und Piraten, die sich demgegenüber offen zeigen.
Die Annahme, ein finanziell souveräner Staat könne pleitegehen, ist etwa so absurd wie der Gedanke an einen Bankrott der Bank bei Monopoly. (Deswegen liegt auch die angebliche finanzielle Gefahr durch Griechenland in der mangelnden Souveränität des Landes begründet. Ganz ähnlich braucht es gesamteuropäische Lösungen mit einer entsprechenden Souveränität, damit es wie bei Großbanken und Donald Trump heißen kann: „too big to fail – zu groß, um zu stürzen“).
Eines der vielen Finanzierungsmodelle hat Götz Werner, Gründer der Drogeriekette dm und heutiges Aufsichtsratsmitglied, erarbeitet. Es sei hier kurz exemplarisch angerissen: Alle bisher vorhandenen Sozialtransfers (Renten, Arbeitslosengeld I und II, Wohngeld, Kindergeld, Pflegegeld, staatliche Förderungsgelder usw.) werden langfristig durch das Grundeinkommen ersetzt. Zweite Säule in diesem Modell ist der Umbau des bestehenden Steuer-, Beitrags- und Abgabensystems zu einer reinen Konsumbesteuerung (Verbrauchs- bzw. Mehrwertsteuer), durch die das BGE finanziert werden soll.
Bewusst wird auf weiteres Zahlenwerk verzichtet (Umverteilungsmasse ist in beinahe allen Modellen eine Summengröße von knapp 1000 Milliarden Euro pro Jahr). Details sind im Internet in Fülle leicht zu googeln. Ziel dieses Beitrags ist es gewesen, die Aufmerksamkeit bei der Finanzierungsthematik auf die Grundlagen zu lenken.